PlatonAristotelesEpikurSpinozaLockeKantHegelMarxAdornoMarcuseBloch

English Site Logo    Grafic Logo Erinyes

Erinnyen Aktuell ButtonPhilosophieseite ButtonSchuledialektik ButtonVereindialektik ButtonBuchladen ButtonWeblog ButtonRedakteur Button

 

Home Button
About Erinyes Button
Button Determinismus
Spinoza ButtonAssociation Button
News Button
Imprint Button

 

RSS-Feed Button

 

Newsletter Button

 


Spinoza Titel

Erkenntnisweise

Die Frage ist, wie man sich bei einer derartigen Determination auch der Seele, eine menschliche Erkenntnis vorstellen kann. Wenn man nach der Erkenntnisweise bei Spinoza fragt, dann muss man unterscheiden zwischen der Erkenntnis einer individuellen  Seele und der Erkenntnis des „unendlichen göttlichen Verstandes“ (a.a.O., S. 93 und passim). Diesem muss sich die individuelle Seele anpassen, wenn sie wahre Ideen haben will, zugleich ist die Erkenntnis der göttlichen Substanz nur in den menschlichen Seelen vorhanden. Denn Gott ist keine Person und darf nicht anthropomorph gedacht werden. Wenn der Mensch wahr denkt, dann denkt Gott im Menschen. Aus dieser göttlichen Wahrheit heraus ist Spinozas Philosophie seinem Anspruch nach geschrieben, wenn er z.B. von „wir“ spricht. Dieses „wir“ ist der Autor und der Leser, aber dem Anspruch nach immer auch das göttliche Attribut Denken, der unendliche göttliche Verstand, der „die Wesenheit der menschlichen Seele ausmacht“ (a.a.O., S. 76). Da nach Spinoza allein die göttliche Substanz frei ist (a.a.O., S. 4; I, Definition 7), wenn auch ohne Willkür, kann auch nur das Individuum frei sein, das sich dem göttlichen Verstand und seinen Notwendigkeiten angepasst hat, also Spinoza und seine Anhänger selbst. Frei ist, was „allein durch sich selbst zum Handeln bestimmt wird“, „das kraft der Notwendigkeit seiner Natur (Wesen, BG) existiert“ (ebda.). Demnach sind nur die menschlichen Individuen frei, die sich der Notwendigkeit angepasst haben. Freiheit bei den Menschen ist Einsicht in die Notwendigkeit (Hegel, so später auch Engels (3)). Erkennen kann der individuelle Verstand, ob er wahr denkt, wenn die Idee folgende Kriterien erfüllt: „Jede Idee, die in uns unbedingt oder adäquat und vollkommen ist, ist wahr.“ (A.a.O., S. 83) Wahr in dieser Bedeutung sind aber nur Gemeinbegriffe (notiones cummunis, d. h. Begriffe vom Gemeinsamen der Dinge) und die Kategorien sowie die mathematischen Wahrheiten, die Spinoza gern als Veranschaulichung seiner Thesen anführt. Man könnte hier die Diskussion über Wahrheit bei Spinoza abbrechen und zur Kritik übergehen, wenn nicht diese Philosophie bis heute seltsame Blüten treibt – von der modernen Hirnforschung bis zu einer „Spinozianische Grundlegung der Linken“ (4). Deshalb ist es notwendig, auch auf Details der Erkenntnisweise einzugehen.

Details der Erkenntnisweise

Spinoza unterscheidet drei Grade der Erkenntnis. Der unterste Grad ist die sinnliche Wahrnehmung und Erfahrung, die wir von den einzelnen Körpern haben. Die Körper wirken auf unseren Körper und erzeugen Affektionen - die allerdings mehr mit uns als mit den Gegenständen der Außenwelt zu tun haben -, aus denen dann Ideen, Begriffe des Denkens, entstehen. An diesem Prozess wirken die Einbildungskraft und die Gewohnheit bei der Wahrnehmung mit. Wir unterscheiden dann zwischen zufälligen Eigenschaften  von denen, was an den Dingen gemeinsam ist (a.a.O., S. 85), und aus diesen gemeinsamen Eigenschaften bildet der menschliche Verstand schließlich die Begriffe der Dinge. Zwar gilt, dass alle Ideen im unendlichen Verstand wahr sind, aber für uns Menschen gibt es Falschheit, Irrtum und inadäquate oder verworrene Ideen auf dieser untersten Stufe der Erkenntnis. Der Grund liegt in dem unterschiedlichen Vorwissen der einzelnen Seelen und den unterschiedlichen Erfahrungen, die einzelne Menschen machen. Auch die Vergänglichkeit der Einzeldinge, deren Ursachen wir nicht kennen, bewirkt nichtadäquate Ideen. In dem deterministischen Verständnis von Spinoza sind auch falsche Ideen notwendig – aber nur in Bezug auf uns, denn der unendliche Verstand Gottes kennt auch deren Ursachen. „Die inadäquaten und verworrenen Ideen folgen mit der selben Notwendigkeit wie die adäquaten oder klaren und deutlichen Ideen.“ (A.a.O., S. 84; Lehrsatz II, 36) Als Beispiel kann Spinoza anführen, dass wir die Sonne mit den Augen auf 200 Fuß Abstand einschätzen, sie aber in Wahrheit 600 Erddurchmesser entfernt sei. Bei Hegel heißt diese falsche Deutung dann (notwendiger) Schein. Indem der Verstand den Schein durchschaut, wird daraus die Erscheinung einer Wesenheit.

Die Erkenntnis muss deshalb zweitens zu einer höheren Gattung fortschreiten, dies ist die Erkenntnis den Kategorien und „Gemeinbegriffen“ gemäß. Diese Art der Ideen sind notwendig in Gott adäquate Ideen, und da wir ein Modus von Gottes Attribut Denken sind und von den Körpern nicht substanziell geschieden sind, auch für uns adäquat. Wenn wir also mittels der Kategorien („Gemeinbegriffe“, a.a.O., S. 85) erkennen, gilt: „Was allen Dingen gemein und was gleichermaßen im Teil wie im Ganzen ist, läßt sich nur adäquat begreifen.“ (Ebda.) Und diese Kategorien werden klar und deutlich wahrgenommen, weil sie bereits in uns sind, zur Natur unserer Seele gehören. Daraus folgt weiter: „Alle Ideen, die in der Seele aus solchen Ideen folgen, die in ihr adäquat sind, sind ebenfalls adäquat“, jedenfalls für Menschen, „die nicht an Vorurteilen kranken“ (a.a.O., S. 87).

Was den Körpern „gemeinsam und eigentümlich ist“, „davon wird auch in der Seele eine adäquate Idee sein“ (II. Teil, Lehrsatz 39, S. 86). Da diese Idee nicht aus der sinnlichen Wahrnehmung kommen kann, die nur verworrene Ideen liefert, muss sie bereits als „adäquate“ in der menschlichen Seele vorhanden sein, zu ihrem Wesen gehören. Die adäquaten Ideen und die aus diesen gefolgerten Ideen sind solche, „deren Ursache Gott ist, nicht sofern er unendlich ist, noch sofern er durch die Ideen sehr vieler Einzeldinge affiziert ist, sondern sofern er bloß die Wesenheit der menschlichen Seele ausmacht.“ (Teil II, Beweis zu Lehrsatz 40, S. 87) Dies gilt nach Spinoza für die Ursache aller „Gemeinbegriffe“.

Über der kategorialen Erkenntnis gibt es für Spinoza noch eine 3. höhere, die intuitive Erkenntnis. Sie ist „anschauendes Wissen“, „und diese Gattung des Erkennens schreitet von der adäquaten Idee der formenden Wesenheit einiger Attribute Gottes fort zu der adäquaten Erkenntnis der Wesenheit der Dinge“ (a.a.O., S. 90). Spinoza verdeutlicht diese dritte Gattung der Erkenntnis an einem Beispiel der Mathematik: Man braucht die allgemeinen Eigenschaften der Proportionalität bei ganz einfachen Zahlen nicht beweisen, da wir davon sofort eine intuitive Erkenntnis haben. „Sind z.B. die Zahlen 1, 2, 3 gegeben, so sieht jedermann, daß die vierte Proportionalzahl 6 ist, und zwar viel klarer, weil wir aus dem Verhältnis der ersten zur zweiten Zahl, das wir auf Ein Anschauen sehen, die vierte selbst erschließen.“ (A.a.O., S. 90)

Wahre Erkenntnis besteht für Spinoza in der Deduktion, während die Ursache der Falschheit allein in der Induktion, der ersten Gattung des Erkennens, die auf sinnliche Wahrnehmung beruht, besteht. Die Erkenntnis der zweiten und dritten, nicht die der ersten Gattung, lehrt uns das Wahre vom Falschen unterscheiden.“ (A.a.O., S. 91) Das Problem allerdings, wie die Kategorien in unser Bewusstsein gekommen sind, oder allgemeiner, wie wir in uns den „unendlichen göttlichen Verstand“ haben, beantwortet er bloß mit dem Hinweis, dass die Kategorien immer schon in uns sind, wie es auch schon Descartes gemacht hat, allerdings durch Spinozas monistische Metaphysik scheinbar besser abgesichert.  Die „Gemeinbegriffe“ sind als Bestimmungen Gottes in der Körperwelt inkarniert, wie sie im Denken eingeschrieben sind, sodass sich durch seinen Monismus eine Parallelität von Denken und Körperwelt ergibt, die prinzipiell Wahrheiten garantiert.

Titelbild der "Ethik"

Zurück zum Anfnag der Seite

Selbstbewusstsein

Ein Selbstbewusstsein kann es nach Spinoza eigentlich gar nicht geben, denn ein solches ist nur als freies vorstellbar, die Freiheit des Denkens wird aber von Spinoza ausdrücklich bestritten. Ein Selbstbewusstsein aber als Bewusstsein vom Bewusstsein, als Denken des Denkens, als Reflexion des eigenen Denkens, als unfreies anzusehen, ist ein hölzernes Eisen. Erdmann sieht deshalb auch Stellen in Spinozas „Ethik“, die auf das Selbstbewusstsein hindeuten, als problematisch an und aus seiner Philosophie herausfallend (vgl. Erdmann: Geschichte Bd. II, S. 89 f.). Wenn Spinoza jedoch über Erkenntnisweisen nachdenkt, dann ist dies objektiv Selbstbewusstsein und damit ein Widerspruch zu den Grundgedanken seiner Philosophie. Von diesem Widerspruch wird im Folgenden abgesehen und das tatsächliche Selbstbewusstsein reflektiert, das sich in seinem Hauptwerk zeigt.

Da der unendliche göttliche Verstand nicht automatisch in uns denkt, denn dann könnten wir gar nicht falsch denken und verworrene Ideen haben, benötigt der menschliche Verstand ein Selbstbewusstsein, um sein Denken von dem des unendlichen Verstandes zu unterscheiden, Wahres von Falschem zu trennen. Er muss ein Bewusstsein von seinem Bewusstsein haben. „Wer eine wahre Idee hat, weiß zugleich, daß er eine wahre Idee hat, und kann an der Wahrheit der Sache nicht zweifeln.“ (A.a.O., S. 91) Daraus folgt, dass unser endlicher Verstand in sich ein Kriterium der Wahrheit hat, an dem er das Falsche vom Wahren unterscheiden kann. Dies kann nicht nur die logische Widerspruchfreiheit sein, denn diese ist bloß formal. Auch nach der inhaltlichen Wahrheit der Ideen (Begriffe) muss man fragen: „Woher kann jemand gewiß wissen, daß er Ideen hat, die mit ihren Gegenständen übereinstimmen?“ (A.a.O., S. 92) Die Antwort kann nicht aus der Erfahrung folgen, da diese Art der Erkenntnis unsicher ist, sondern das Kriterium kann nur das eingeborene Wissen selbst sein, die Übereinstimmung der Erkenntnis mit dem sicheren Wissen, den Kategorien bzw. deren intuitiver Anwendung auf die (auch empirischen) Dinge. Wenn die Vernunft nur mit den allgemeinen und notwendigen Urteilen zu tun hat (vgl. Lehrsatz II, 44; S. 93), dann wird deren Notwendigkeit auch nur durch die Kategorien begründet, denn empirische Dinge sind zufällig, d.h. ihre notwendige Ursache ist uns nicht bekannt.

„Nun ist aber diese Notwendigkeit der Dinge (…) die Notwendigkeit der ewigen Natur Gottes selbst. Folglich liegt es in der Natur der Vernunft, die Dinge unter dieser Art der Ewigkeit zu betrachten. Dazu kommt, daß die Grundlagen der Vernunft Begriffe sind, die das erklären, was allen Dingen gemeinsam ist, und die (…) nicht die Wesenheit irgend eines Einzeldinges erklären und die deswegen ohne die mindeste Beziehung auf die Zeit unter einer gewissen Art der Ewigkeit begriffen werden müssen.“ (A.a.O., S. 95; sub specie aeternitatis)

Wahrheit bemisst sich neben der logischen Stimmigkeit an den wahren Ideen in uns, die wir der göttlichen Substanz verdanken. Die Ideen stimmen deshalb mit den Gegenständen überein, weil „die Wahrheit die Norm ihrer selbst und des Falschen ist“ (a.a.O., S. 92). Dieses berühmte Satz Spinozas bleibt aber tautologisch im Verstand verhaftet, wenn nicht die Anschauung und Vorstellung empirischer Gegenstände den Inhalt ebenso begründen wie die Ideen in uns (Kategorien), mit denen wir die Gegenstände denken, denn sonst hätten wir keine Unterschiede im Denken und die Kategorien könnten sich immer nur selbst denken. Hinzu kommt, dass das Falsche für Spinoza ein Nichts ist: „Die Falschheit besteht in dem Mangel an Erkenntnis, den die inadäquaten oder verstümmelten und verworrenen Ideen in sich schließen“ (II, Lehrsatz 35, S. 83) – so etwa wie die Finsternis, die Abwesenheit von Licht ist. Verworrene Ideen aber liefern uns die empirisch erfahrbaren Dinge, weil sie veränderbar und für uns zufällig sind. Diese empirische Grundlage des Denkens wird bei Spinoza systematisch abgewertet oder als nichtig hingestellt.

Selbst wenn das Denken ein Attribut der Natur ist, so ist auch bei Spinoza (wie bei Descartes) damit noch nicht begründet, wie die Kategorien in das einzelne denkende Individuum kommen und wieso sie apriori Gültigkeit haben. Auch ist damit noch nicht erklärt, warum sie ewig sein sollen und nicht nur einem historischen Stand des Denkens zur Grundlage dienen, also der Verbesserung und Präzisierung fähig sind.
Die wissenschaftliche Forderung im Resultat des Denkens, Tatsachen aus ihren Ursachen zu erklären, was eine wahre Theorie voraussetzt, wird bei Spinoza zum Grund, in dem Prozess der werdenden Erkenntnis die Tatsachen, empirischen Sachverhalte usw. als belanglos zu erklären. Da Tatsachen vergänglich sind, Kategorien aber nicht, werden erstere wie in der traditionellen Metaphysik als minderwertig angesehen. Wir leben aber als Körper unter Körpern in diesen Tatsachen und nicht im idealen Raum der Kategorien, den allgemeinen Ideen oder in dem göttlichen Attribut Denken, die in gewisser Hinsicht Hilfsmittel sind, uns in der Körperwelt zurechtzufinden. Gerade die Erklärung der empirischen Wirklichkeit müsste also der Zweck der Theorie sein. Da auch für Spinoza der Zweck einer Theorie im Nutzen besteht (vgl. a.a.O., S. 105 f.), kann in seiner Konzeption von Erkenntnis (neben der mathematischen Erfassung der Natur) der Nutzen lediglich in der Seelenruhe und Schicksalsergebenheit bestehen. „Abgesehen davon also, daß diese Lehre das Gemüt ganz friedlich stimmt, hat sie auch noch den Nutzen, daß sie uns lehrt, worin unser höchstes Glück oder unsere Glückseligkeit besteht, nämlich allein in der Erkenntnis Gottes, die uns anleitet, nur das zu tun, was Liebe und Pflichtgefühl erheischen.“  Wir sollen das „Antlitz des Schicksals mit Gleichmut erwarten und ertragen“ und in der „staatlichen Gemeinschaft“ „nicht als Knechte dienen, sondern freiwillig tun, was das beste ist“ (a.a.O., S. 106).

Durch die Priorität des allgemeinen Denkens vor den empirischen Material, das unser Denken doch erklären sollte, bleibt das Denken in sich, wird tendenziell tautologisch. Wahr ist, was dem kategorialen Denken entspricht, was ihm widerspricht falsch. Neue Erkenntnisse und Erfahrungen sind aber nicht von sich aus bereits mit dem logischen und kategorialen Denken kompatibel, sondern sollen erst kompatibel gemacht werden, was auch zu einer Veränderung des kategorialen Denkens führen könnte, eine Veränderung, die bei Spinoza undenkbar ist.

Die tautologische Bestimmung der Wahrheit ist aber insofern richtig, als Wahrheit immer auch den logischen Kriterien des Denkens, die vor der sinnlichen Erfahrung, apriori, sind, entsprechen muss. Da nun wissenschaftliche Wahrheiten die Dinge „als notwendig zu betrachten haben“ (a.a.O., S. 93), und die empirischen Erscheinungen von ihren notwendigen Ursachen her zu betrachten sind, nicht aber empiristisch von den Erscheinungen auf die notwendigen Ursachen zu schließen sind (was nur zu unklaren Begriffen führt, siehe „Empirismus“), kann Wahrheit allein durch den Verstand begründet werden. Spinoza begnügt sich deshalb – neben der immer unterstellten Logik – mit der klaren und deutlichen Erkenntnis der notwendigen Ideen und mit der ontologische Gewissheit, dass unsere Seele, wenn sie das notwendig Allgemeine denkt, „ein Teil von Gottes unendlichem Verstand ist“ (S. 93). Dies ist eine Bedeutung des Satzes: „die Wahrheit (ist) die Norm ihrer selbst“ und des Falschen (S. 93).

Zurück zum Anfnag der Seite

Anmerkung zur Unbedingtheit des freien Willens

 Bei der Bestimmung des Willens als frei, geht es nicht um die Bedingungen der Ausführung von Willensakten in der körperlichen Welt, die immer unseren Zwecken Grenzen setzen (und die nach Spinoza als bewusste Willenshandlungen gar nicht möglich sind, also der Notwendigkeit der allgemeinen Substanz folgen), sondern um die innere Willensfreiheit. Aber selbst der Wille, der Gedanken wie Ziele und Zwecke in der Realität verwirklichen will, muss ein unbedingtes Moment haben, das zwischen dem Ausführen einer Handlung und ihrer Nichtausführung „bedingungslos“ entscheiden muss. „Um einen konsistenten Begriff von Freiheit zu entwickeln, muss sie insofern als ursprungslos angenommen werden, als sie nicht aus einer nicht-freien Ursache als deren Folge entwickelt werden kann. Denn erstens kann aus Unfreiheit begrifflich keine Freiheit folgen und zweitens hinge die Freiheit dann logisch von etwas ab, was sie nicht selbst wäre und was sie in ihrer Form bedingte, womit die Freiheit nicht als frei begriffen werden könnte. Ursprungslos bedeutet jedoch nicht, dass die Freiheit als eine aus dem Nichts kommende Entität für sich selbst in irgendeiner Form existiert, sondern sie ist nur als die und in der Spontaneität des reflektierenden Subjekts. Dieser Begriff geht auf die Transzendentalphilosophie zurück, welche die Freiheit als notwendige Bedingung der Möglichkeit von Subjektivität und damit von Naturwissenschaft und Moral erschloss, anstatt sie empirisch im Material oder im Selbstempfinden des Subjekts zu suchen.“ (Zunke: Hirnforschung, S. 28) Oder leugnet man wie Spinoza die Freiheit des denkenden und wollenden Subjekts, dann leugnet man damit auch die wahre  Erkenntnis der Realität. (Siehe unter „Kritik der Determinationsthese“.)

Die scheinbare Lösung des Wahrheitsproblems bei Spinoza, die man aus seiner Philosophie herauslesen kann, besteht im Folgenden: Indem er die res extensa und die res cogitans zu Attributen der einen göttlichen Substanz oder Natur macht, macht er sie scheinbar kompatibel, garantiert also Wahrheit als Übereinstimmung der beiden Attribute als prinzipiell möglich. Aber auch nach seiner Behauptung nur prinzipiell, denn, da es auch Irrtum gibt, muss die menschliche Denktätigkeit – und sei es nur als Anpassung an die Bestimmungen des unendlichen Verstandes – für die Erkenntnis der Wahrheit angenommen werden. Denktätigkeit, die nach ihren Kriterien zwischen wahr und falsch entscheiden muss, ist nur als freie vorstellbar. Diese Denktätigkeit aber gilt Spinoza nach Teil II, Lehrsatz 48 (S. 97; siehe oben) als determiniert, also ist jede Selbständigkeit der res cogitans als Modus der unendlichen Substanz eliminiert und damit die Voraussetzung der Wahrheit – im Widerspruch zur behaupteten Erkenntnisleistung.

Im apagogischer Schluss aus dieser Kritik gilt: Die Wahrheit ist immer auch Subjekt, diese Einsicht war ein Resultat der im Nominalismus erkannten Selbständigkeit der menschlichen Subjektivität bei allen Erkenntnissen.

Zurück zum Anfnag der Seite

Weiter zum nächsten Kapitel

 

Divider

Hier können Sie Ihre Meinung äußern,
         einen Beitrag in unser Gästebuch formulieren,
              Kritik üben oder
                    mit uns Kontakt aufnehmen...

Logo Feedback

Divider

 

 

Impressum

© Copyright: Alle Rechte liegen bei den Erinnyen. Genaueres siehe Impressum.

Letzte Aktualisierung: 31.08.2010