PlatonAristotelesEpikurSpinozaLockeKantHegelMarxAdornoMarcuseBloch

English Site Logo    Grafic Logo Erinyes

Erinnyen Aktuell ButtonPhilosophieseite ButtonSchuledialektik ButtonVereindialektik ButtonBuchladen ButtonWeblog ButtonRedakteur Button

 

Home Button
About Erinyes Button
Button Determinismus
Spinoza Button
Association Button
News Button
Imprint Button

 

RSS-Feed Button

 

Newsletter Button

 


Kurze Artikel

LacanCan und DerridaDa

Die Paralysierung der Vernunft
in der bürgerlichen Philosophie

(Unter anderem Kritik der "Dekonstruktion")


Der menschliche Verstand und die menschliche Vernunft sind die einzigen Vermögen der Spezies homo sapiens sapiens, sich in der Natur und der von ihm selbst geschaffenen Kultur zurechtzufinden, letztlich zu überleben.

Während die naturwissenschaftliche Vernunft treibhausmäßig in die Höhe getrieben wird, um im kapitalistischen Konkurrenzkampf bestehen zu können, haben die Besitzenden kein Interesse, auch die soziale Vernunft und das kritische Denken zu fördern. Ja, es werden durch die Ökonomisierung der Universitäten Anreize geschaffen, die soziale Vernunft – soweit sie ihrer überflüssigen Herrschaft gefährlich werden könnte – im demokratischen Ideenkampf klein zu halten. Wer über das große Geld verfügt, bestimmt auch die Masse der Publikationen. So gelingt es ohne Zensur in repressiver Toleranz die soziale Vernunft bei großen Teilen der Intelligenz zu paralysieren. Zudem sorgt die Regierung als ideeller Gesamtkapitalist, die Vertreter einer kritischen Vernunft durch Karriereknicks vom universitären Einfluss fern zu halten.

Dass die Anarchie des Marktes, der Warenfetischismus und die überflüssige Herrschaft der Besitzenden die tieferen Gründe für die Entstehung von Irrationalismen sind, sei nur als Selbstverständlichkeit erinnert. Die folgende Collage von Zitaten belegt die Tendenz zur Paralysierung der Vernunft.

Deleuze

„Ein philosophisches Buch muss einesteils eine ganz besondere Sorte von Kriminalroman sein, anderenteils eine Art science fiction. Mit Kriminalroman meinen wir, dass sich die Begriffe mit einem gewissen Aktionsradius einschalten müssen, um einen lokalen Sachverhalt zu lösen.“

Damit hat sich die unverbindliche Spaßgesellschaft auch in der Philosophie etabliert.

„Man sollte dahin gelangen, ein wirkliches Buch der vergangenen Philosophie so zu erzählen, als ob es ein imaginäres und fingiertes Buch wäre.“

Zur Spaßgesellschaft gehört die Liquidation der philosophischen Tradition.

„Wir wollen die Differenz an sich selbst und den Bezug des Differenten zum Differenten denken, unabhängig von der Repräsentation, durch die sie auf das Selbe zurückführt und durch das Negative getrieben wird.“
(Ott: Deleuze, S. 26)

Ott feiert solche Sätze als „philosophische Grundannahmen“ (a.a.O., S. 25) und als „Methode der Wiederholung und Differenzbildung“, also als Eliminierung des Gehalts von Texten.

Zurück zum Anfang

Lacan

Gerda Pagel schreibt in ihrer Einführung zu Lacans „Lehrgebäude“: „Doch auch hier wird derjenige, der nach dem Grundgedanken seiner Theorien sucht bzw. auf den Kern seiner Wahrheit vorstoßen will, enttäuscht werden. Denn analog zu Lacans Lehre, die jedes Haschen nach Einheit und Ganzheit als imaginär verwirft, versagt sich das Lacansche Lehrgebäude dem Postulat von Eindeutigkeit und Wahrheit. Seine Schriften und Vorlesungen lassen sich charakterisieren als ein Spiel von miteinander verwobenen Gedankenketten, die in Knotenpunkten zusammenlaufen.“

Diese Darstellung der Gedanken Lacans ist keineswegs als Kritik gemeint. Dennoch fragt sich der an logisches Denken gewöhnte, also nicht schizophrene Leser, warum er überhaupt solch explizit unwahre Aussagen lesen soll, noch dazu in einer Sprache, die unverständlich ist? Tatsächlich geht es nicht um Verstehen, sondern um Begriffsmystik und Verwirrung der Leser.

„Lacan studieren bedeutet zum einen, sich auf diesen Diskurs einzulassen, die Art und Weise seiner Verwebungen zu erforschen, den aus seinen Bewegungen lebenden Text ernst zu nehmen, ohne an ihn die hermeneutische Frage nach dem ‚Verstehen’ und ‚Erkennen’ eines ursprünglichen bzw. eindeutigen Sinnes zu richten.
   Lacan zu lesen bedeutet zum anderen, sich einer Ambivalenz zwischen Faszination und Frustration zu stellen.“

(Pagel: Lacan, S. 12 f. und 13)

Zur Zeit, als die Studenten noch kritisch waren, haben sie solche Professoren des Unibluffs beschuldigt.

Zurück zum Anfang

Derrida

Ein Gedanke von Derrida will den Vorrang der Vernunft über Gefühle und Neigungen als „Ethnozentrismus“ entlarven (Kimmerle: Derrida, S. 229), was auf die These hinaus läuft: Mit dem Herzen zu denken. Doch selbst dies wird „dekonstruiert“ zu Gunsten überhaupt keiner leitenden Instanz in uns (vgl. S. 35). Keine Frage, Gefühle sind eine wichtige Eigenschaft des Menschen, sie machen das Leben lebenswert und sind ein Aspekt des Glücks, sie begleiten alle unsere Tätigkeiten und sollten auch der Moral zur Seite stehen. Aber spätestens seit Freud (die Lyrik wusste das schon vorher) wissen wir, dass Gefühle ambivalent sind. „Himmelhochjauzend zu Tode betrübt“; „als ob im Stürmen Ruhe wär“. Aber auf dem Gefühl oder dem nichtidentifizierenden (d.h. unbegrifflichen) Denken eine Philosophie als Wissenschaft (eine andere gibt es nicht) zu begründen, ist absurd. Es hieße die Widersprüchlichkeit zum Prinzip einer Wissenschaft machen, die zum Prinzip die Ausschließung von Widersprüchen hat. Und so ist Derridas Denke auch keine mehr, die irgendjemand verstehen könnte (auch er selbst nicht!), denn er bricht „mit der Richtung auf einen bestimmten und eindeutig erfassbaren Sinn“ (a.a.O., S. 20).

Philosophie der „Differenz“

Derridas raffinierter Schreibe reflektiert diese Absurdität und macht das Irrationale selbst zum Prinzip unter der Losung: Die Differenz denken. Mit dem Begriff Differenz ist nicht die begriffliche Unterscheidung von Gegenständen gemeint, sondern die Kritik am „identifizierenden Denken“ (S. 17), am „Logozentrismus“ der europäischen Philosophie. „Das Denken der Differenz kann nur selbst different, differierend sein und nicht stets wieder dasselbe. Deshalb sprechen wir genauer von Derridas Philosophie der Differenz, die aber auch nicht dieselbe ist und bleibt, sondern nur als sich wandelnd ist, was sie ist.“ (S. 17)

Etwas, das sich wandelt, ist nur erkennbar, wenn im Wandel ein Festes bleibt oder ein fester Maßstab von außen den Wandel erkennt – das war das Argument von Parmenides gegen Heraklit. Bei Derrida bleibt aber im Wandel nur der Wandel, der aber ist nur formal, ohne Inhalt, da alles identifizierende Denken der Dekonstruktion verfällt. Ein Wandel ohne Inhalt (feste Bestimmungen, identifizierendes Denken) ist ein Wandel von Nichts. Die „Philosophie“ von Derrida, so könnte man zugespitzt sagen, ist eine Philosophie von Nichts und damit kein Denken mehr, sondern Geraune.

Diese Kritik betrifft auch Adornos Bemerkung „durch den Begriff über den Begriff hinauszugehen“ (zitiert nach Kimmerle, S. 18), wenn damit nichtbegriffliches Denken gemeint ist. Gelänge dies, dann wäre der Gegenstand identifiziert und über Sprache allen zugänglich. Ahnungen, Differenzen, die nicht begriffliche sind, verbleiben bestenfalls im Schacht des individuellen Bewusstseins und sind deshalb für andere, die nicht ebensolches zufällig fühlen und erahnen, nicht vorhanden. Im Allgemeinen kann das Nichtidentische, die Differenz zum begrifflichen Denken, das Sein vor aller Bestimmung nur wieder kommuniziert werden durch identifizierende Begriffe – oder es ist nichts Bestimmtes und damit ein Nichts für uns.

Derrida wendet sich konsequent der Kunst und Literatur zu und verschmilzt Philosophie und Literatur miteinander. Dadurch geht die identifizierende Leistung der Philosophie verloren und der Literatur als Kunst wird nichts gewonnen, denn literarische Werke, die das Individuelle beschreiben und versuchen zu bestimmen, werden nicht als solche angesehen, „sondern nur als sich wandelnd“. Diesen Gedanken der permanenten Wandlung fasst Derrida unter dem identifizierenden Begriff der Zerstörung oder der Dekonstruktion.

Dekonstruktion

J. Cullar fasst Derridas Methode der Dekonstruktion folgendermaßen zusammen:
„Die These, daß alle Lektüren Fehllektüren sind, kann auch durch die allervertrautesten Aspekte der Kritik und der Interpretation gerechtfertigt werden. Wenn man von der Komplexität der Texte ausgeht, der Umkehrbarkeit rhetorischer Fragen, der Erweiterbarkeit des Kontextes und der Notwendigkeit jeder Lektüre, auszuwählen und zu organisieren, kann man zeigen, daß Lektüre einseitig ist. Interpreten können Aspekte und Implikationen eines Textes entdecken, die frühere Interpreten vernachlässigt oder verzerrt haben. Sie können am Text nachweisen, daß frühere Lektüren im Grunde Fehllektüren sind; aber ihre eigenen Lektüren werden von späteren Interpreten, die scharfsinnig die zweifelhaften Voraussetzungen und besonderen Formen der Blindheit, von denen diese Lektüren Zeugnis ablegen, aufdecken, vielleicht ihrerseits als mangelhaft angesehen. Die Geschichte der Lektüren ist eine Geschichte von Fehllektüren.“
(Zitiert nach P. Bulthaup: Paralysierung der Vernunft, S. 212)

Peter Bulthaup nennt dieses Vorgehen der Dekonstruktion (auch „Destruktion“ genannt) die „theoretische Rechtfertigung der Reanalphabetisierung, die selbst praktisch ganz ohne theoretische Rechtfertigung auskommt“ (ebda.). Die „Gleichgültigkeit gegen jede Bestimmtheit des Inhalts“ widerlegt sich selbst, denn eine Rede ohne Gegenstand ist eine Rede von Nichts. Sie verfällt dem Satz vom zu vermeidenden Widerspruch, da ich sowohl das eine wie sein kontradiktorisches Gegenteil hinein imaginieren kann. Nach Aristoteles sollten solche Quatscher besser schweigen wie die Pflanzen und nach Hegel, den Derrida ebenfalls „dekonstruiert“ hat, ist ihre Sprache vom Om Om Om der Affen nicht zu unterscheiden.

Hier zeigt sich nun, wie reaktionär das Denken ist, das auf dem Gefühl oder dem Irrationalen basiert: Da unsere Gefühle durch die herrschenden Verhältnisse geprägt sind, also konservativ das Bestehende bewahren wollen, und das Irrationale keinen klaren Gedanken erlaubt, entsteht eine „Philosophie“ aus dem Bauch, die im Interesse der Herrschenden die avancierte Vernunft, die einzig zur intellektuellen Distanz zum Bestehenden befähigen könnte, zu zerstören versucht - begleitet von emanzipatorischem Geraune, das die „ontologische Differenz“ zur „sexuellen Differenz“ konkretisiert. (Kimmerle: Derrida, S. 23)

Zurück zum Anfang

Lyotard

Seit der linguistischen Wende kreist das bürgerliche Denken in sich. Was Wahrheit ist, wenn dieser Begriff nicht ganz aufgegeben wird, ist eine Machtfrage. Die Legitimation vom Wissen mache nach Lyotard deutlich, „daß Wissen und Macht zwei Seiten derselben Frage sind: Wer entscheidet, was Wissen ist, und wer weiß, was es zu entscheiden gilt? Die Frage des Wissens ist im Zeitalter der Informatik mehr denn je die Frage der Regierung.“
(Lyotard: postmoderne Wissen, S. 35)

Wenn Wahrheit zur Regierungspropaganda regrediert, dann braucht sie das „Sprachspiel der Argumentation“ (Habermas) nicht mehr, sie geht über in die Erzählung.
„Die Erzählung ist die Form dieses Wissens par excellence, und dies in mehrfacher Hinsicht.“ (A.a.O., S. 67)

Nach Lyotard gibt es eine „Emanzipationserzählung“ (S. 175), eine „Legitimationserzählung“ (S. 149) eine „Erzählung von der Rasse“ (S. 111), eine „Erzählung der Geschichte“, auch der wissenschaftliche Naturforscher ist jemand, der „Geschichten erzählt“ (S. 174) und Kant benutzt das Sprachspiel des Imperativs (S. 107);  und schließlich (weil es eine Metasprache gibt) muss es auch eine „Metaerzählung“ (S. 110) geben.

Nachdem die verschiedenen Textsorten wie Alltagssprache und wissenschaftliche Sprache zum Sprachspiel herabgesetzt und zu bloßen Erzählungen dekonstruiert wurden, geht das postmoderne Denken daran, jeden Blödsinn zu rechtfertigen. War einst die Philosophie aus der Kritik am Mythos, der Erzählung von Göttern und Menschen, entstanden, so dreht die Postmoderne das Denken wieder zurück – aber nicht in den einfachen Mythos, sondern in die Mythologisierung.

Das ist reaktionär, was Lyotard offen einbekennt:

„Der Rekurs auf die großen Erzählungen (die großen Philosophien, B.G.) ist ausgeschlossen (denn die wurden dekonstruiert, d.h. zerstört, B.G.); man kann sich also für die Gültigkeit des postmodernen wissenschaftlichen Diskurses weder auf die Dialektik des Geistes noch auf die Emanzipation der Menschheit berufen.“ (A.a.O., S. 175)

Zurück zum Anfang

Literatur

Bulthaup, Peter: Deduktion der Postmoderne oder vom bürgerlichen Interesse an der Paralysierung der Vernunft, in: Ders.: Das Gesetz der Befreiung. Und andere Texte, Lüneburg 1998.
Lyotard: Das postmoderne Wissen, Graz / Wien 1986.
Ott, Michael: Gilles Deleuze zur Einführung, Hamburg 2005.
Pagel, Gerda: Lacan zur Einführung, Hannover 1989.
Kimmerle, Heinz: Jacques Derrida zur Einführung, Hamburg 2004.

Zurück zum Anfang

Divider

Hier können Sie Ihre Meinung äußern,
         einen Beitrag in unser Gästebuch formulieren,
              Kritik üben oder
                    mit uns Kontakt aufnehmen...

Logo Feedback

Divider

 

 

Impressum

© Copyright: Alle Rechte liegen bei den Erinnyen. Genaueres siehe Impressum.

Letzte Aktualisierung: 27.08.2010